Schutzstreifen außerorts: ADFC NRW kritisiert neuen Erlass des Landes NRW - ADFC Bochum

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Kreisverband Bochum e. V.

Eine Landstraße auf der ein Schutzstreifen für Radfahrende mit einer weißen gestrichelten Linie markiert ist.

Schutzstreifen außerorts sind nach einem neuen Erlass des Landes nun auch in Einzelfällen in NRW möglich. © Klaus Mutterer, ADFC Baden-Baden Bühl Rastatt

Schutzstreifen außerorts: ADFC NRW kritisiert neuen Erlass des Landes NRW

Pressemitteilung

Nr. 01/2024

Düsseldorf, 01.02.2024

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club ADFC NRW kritisiert die Landesregierung für einen neuen Erlass, der nun auch außerhalb geschlossener Ortschaften die Markierung von Schutzstreifen für den Radverkehr erlaubt. Der ADFC betont, dass diese gestrichelten Linien keine sichere Infrastruktur sind, sie sogar die Sicherheit von Radfahrenden gefährden und den Bau echter schützender Radinfrastruktur verhindern. 

Radfahrerinnen und Radfahrer, die wegen fehlender Radwege auf Landstraßen fahren müssen, sind aufgrund der hohen Kfz-Geschwindigkeiten besonders gefährdet. Unfallstatistiken belegen, dass das Risiko für Radfahrende, im Falle eines Unfalls schwer verletzt oder gar getötet zu werden, außerorts um ein Vielfaches höher liegt als innerorts[1].

Diese Gefahr gerät durch den tragischen Tod des Fahrrad-Bloggers Andreas Mandalka alias „Natenom“ gerade in die Öffentlichkeit. Der 43-jährige war am vergangenen Dienstagabend (30.01.2024) auf einer Landstraße in Baden-Württemberg von einem 77-jährigen Pkw-Fahrer erfasst und so schwer verletzt worden, dass der Radfahrer noch an der Unfallstelle starb. “Natenom” hatte in seinem Blog häufig auf zu geringe Überholabstände und andere Gefahren für Radfahrende hingewiesen. Er forderte eine sichere Radverkehrsinfrastruktur und kritisierte wiederholt, dass die Polizei gefährliche Überholabstände meist nicht verfolgt und ahndet.
 
Sein Tod macht uns als ADFC NRW tief betroffen – unser aufrichtiges Mitgefühl gilt den Angehörigen.

Da die Gefahren für Radfahrende auf Landstraßen bekannt sind, ist es für den ADFC NRW umso unverständlicher, dass das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen (MUNV) im Januar einen Erlass veröffentlicht hat, der die bisher nur innerorts zulässigen Radschutzstreifen künftig auch außerhalb geschlossener Ortschaften ermöglicht. Der Landesvorstand des ADFC NRW hatte das bereits im November 2023 kritisiert und seine Position zu Schutzstreifen dem Verkehrsministerium mitgeteilt.

Der ADFC-NRW-Landesvorsitzende Axel Fell sagt:  „Farbe ist keine Infrastruktur.  Das gilt vor allem außerorts. Dort fahren Autos und LKW mit hoher Geschwindigkeit - und Farbe allein bietet keinen Schutz. Studien, Messungen und unsere Erfahrungen zeigen, dass enge und damit gefährliche Überholmanöver auf markierten Schutzstreifen sogar noch häufiger sind.”

Erlass des Landes NRW nicht vereinbar mit Fahrrad- und Nahmobilitätäsgesetz (FaNaG)

Das MUNV nennt Schutzstreifen außerorts ”zweckdienlich” zur „kurzfristigen Schließung wichtiger Lücken im Radverkehrsnetz“ und als “zeitlich begrenzte Übergangslösung bis zur Fertigstellung eines baulichen Radwegs.

Axel Fell: „Das Ziel der Landesregierung, bis 2027 insgesamt 1000 km neuer Radwege in NRW zu bauen, darf nicht dazu führen, dass mit Farbe außerorts Schutzstreifen auf die Fahrbahnen gepinselt werden. Der Einsatz von Schutzstreifen ist lediglich ein vermeintlicher Lückenschluss im Radwegenetz Nordrhein-Westfalens. Das Land lässt die Radverkehrssicherheit und die begründet niedrige Akzeptanz der Schutzstreifen außer Acht.“  

Die aktuelle Gesetzteslage:

Die Verwaltungsvorschrift zur Straßen-Verkehrs Ordnung, VwV-StVO erlaubt Schutzstreifen nur innerhalb geschlossener Ortschaften und bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Das NRW-Ministerium begründet die mögliche Anordnung außerörtlicher Schutzstreifen auf Straßen mit zulässigen Geschwindigkeiten bis 70 km/h damit, dass straßenbegleitende Radwege oder gemeinsame Geh- und Radwege „oftmals nicht zeitnah“ oder nur mit „erheblichen Aufwand“ hergestellt werden können.  Der Erlass definiert darüber hinaus aber weitere Vorgaben und betont im Besonderen die Wahrung der Verkehrssicherheit mit Verweis auf die Vision Zero (VwV-StVO § 1 Rn. 1) und dass Radwege grundsätzlich vorzuziehen sind.

Axel Fell, Landesvorsitzender des ADFC NRW: “Der Erlass betont, dass das oberste Ziel des öffentlichen Verkehrs die Verkehrssicherheit ist und die Vision Zero die Grundlage aller verkehrlichen Maßnahmen ist. Alleine diese Vorgabe dürfte die Anordnung von Schutzstreifen außerhalb von Ortschaften nahezu unmöglich machen. “

NRW braucht ein sicheres und durchgehendes Radverkehrsnetz

Ein sicherer und attraktiver Radverkehr, wie er im FaNaG beschrieben wird, braucht ein landesweites, durchgängiges Radverkehrsnetz. Breite Radwege, intuitive Streckenführung und eine Trennung der Verkehrsarten sind ein wichtiger Beitrag für mehr und sicheren Radverkehr. Nur ein lückenloses und selbsterklärendes Radverkehrsnetz ist ein sicheres Radverkehrsnetz - für alle Altersgruppen.

Die Radverkehrssicherheit hat für den Fahrrad-Club höchste Priorität und diese darf nicht anderen Ziele wie schnellen, einfachen Lückenschlüssen im Radwegenetz geopfert werden. „Wir wollen verhindern, dass sich das Land um Investitionen in sichere Radverkehrsinfrastruktur drückt und stattdessen mit Farbe auf der Straße Sicherheit suggeriert“, so der Landesvorsitzende Fell.

Diese Meldung sowie Fotos unseres Landesvorsitzenden finden Sie auch in unserem Pressebereich: https://nrw.adfc.de/presse

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Über den ADFC NRW

Der ADFC NRW e.V. ist mit mehr als 59.000 Mitgliedern der größte Landesverband des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs. In 37 Kreisverbänden und rund 100 Ortsgruppen sind wir vor Ort aktiv. Wir setzen uns für eine umweltfreundliche Verkehrspolitik ein, fahren gemeinsam Touren und beraten in allen Fragen rund ums Fahrrad. Als Landesverband werben wir in Politik, Ministerien und Verbänden für eine Verkehrspolitik, die die Potenziale des Fahrrades ausschöpft. Im Mittelpunkt steht dabei die Entwicklung einer umfassenden Radverkehrsinfrastruktur im Mittelpunkt: ein einheitliches Radverkehrssystem für Alltags-, Freizeit- und Urlaubsradfahrer*innen mit hohen Qualitätsstandards und guten Serviceeinrichtungen.

 


[1]      https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Verkehrsunfaelle/Publikationen/Downloads-Verkehrsunfaelle/unfaelle-zweirad-5462408207004.pdf?__blob=publicationFile (Seite 32)

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