Empfehlungen des ADFC für Käufer:innen von Babboe-Lastenrädern
Der Verkaufsstopp von Babboe-Lastenrädern schlägt große Wellen. Auch in Deutschland besitzen viele Kund:innen Lastenräder dieses Herstellers. Der ADFC-Bundesverband erläutert Ansprüche und klärt für Verbraucher:innen nun wichtige rechtliche Fragen.
Die niederländische Behörde für die Sicherheit von Lebensmitteln und Verbrauchsgütern (NVWA) hatte einen Verkaufsstopp von Babboe-Lastenrädern verhängt, da es zu zahlreichen Rahmenbrüchen gekommen ist, denen der Hersteller nicht wie vorgeschrieben nachgegangen ist. Der ADFC hatte hier darüber berichtet.
Was sollten Besitzer:innen von Babboe-Lastenrädern tun?
Wer ein Babboe-Lastenrad hat, das von der Produktwarnung bzw. dem Rückruf in den Niederlanden betroffen ist, sollte es ab sofort nicht mehr benutzen, rät der ADFC. Zwar könnte man das Lastenrad auf eigene Gefahr weiter fahren, doch bei einem Rahmenbruch mit Verletzungsfolgen bestünde das Risiko, den Anspruch auf Schadensersatz aus der Produkthaftung gegen den Hersteller zu verlieren. Auch für Schäden, die man anderen durch einen Rahmenbruch zufügt, kann man ab Kenntnis der Warnung zumindest mitverantwortlich sein.
Welche Ansprüche haben betroffene Käufer:innen?
Der Produktrückruf selbst begründet keinen Anspruch auf Reparatur oder Ersatzlieferung. Das hat der Bundesgerichtshof im „Pflegebetten-Urteil“ bestätigt: https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2008/2008233.html
Ansprüche können aber aus der gesetzlichen Haftung des Verkäufers für Sachmängel bestehen. Verkäufer ist der Fahrradhändler oder, im Falle des Direktvertriebs, die Firma Babboe. Solche Ansprüche müssen innerhalb von zwei Jahren nach der Übergabe des Lastenrads geltend gemacht werden (zweijährige Verjährung nach § 438 BGB).
Außerdem gibt es Ansprüche gegen den Hersteller Babboe aus seiner fünfjährigen Garantie. Hier sind seine aktuellen Garantiebedingungen: https://www.babboe.de/garantie
Sofern ältere Garantiebedingungen davon abweichen, gelten die zur Zeit des Kaufs vereinbarten laut Garantieurkunde. Auszüge aus den aktuellen Bedingungen:
Artikel 1 Garantie
1. Soweit in den Garantiebedingungen beschrieben, garantiert Babboe, dass die Babboe Lastenfahrräder frei von Konstruktions- bzw. Materialfehlern sind.
Artikel 2 Garantiedauer
1. Auf den Rahmen des Babboe Lastenfahrrads gilt eine Garantie von 5 Jahren auf Konstruktions- und/oder Materialfehler.
Der Rückruf und die bekannten Schadensfälle deuten auf Konstruktions- oder Materialfehler hin, die Garantie würde demnach greifen.
In folgenden Fällen erlischt die Garantie:
1. Beim Babboe Lastenfahrrad wurde nicht nachweislich (per Rechnung, Kassenbon) nach 10–12 Wochen oder 100 km nach der Lieferung eine Inspektion durchgeführt.
2. Beim Babboe Lastenfahrrad wurde nicht nachweislich (per Rechnung, Kassenbon) nach der ersten Kontrollinspektion eine jährliche Wartung durchgeführt.
Ob sich eine unterlassene Inspektion und Wartung die Garantie erlöschen lassen, ist noch nicht grundsätzlich geklärt. Das kann auch davon abhängen, ob die betroffenen Teile in die Inspektion oder Wartung einbezogen waren.
Artikel 4 Lohnkosten auf Ersatzteile im Garantiefall
1. Innerhalb der Garantieperiode werden alle Teile, bei denen von Babboe Konstruktions- und/oder Materialfehler festgestellt wurden, nach Ermessen von Babboe repariert und erstattet. Die ggf. anfallenden (De-)Montagekosten gehen zulasten des Besitzers, wenn dieser das Ersatzteil selbst montieren könnte.
2. Abweichend von den Bestimmungen des vorgenannten Absatzes übernimmt Babboe innerhalb von zwei Jahren nach Kaufdatum die Lohnkosten bei Konstruktions- und/oder Materialfehlern des Rahmens und der Vordergabel.
Das bedeutet für Käufe, die länger als fünf Jahre zurückliegen, dass mögliche Ansprüche verjährt sind. Käufer:innen wären auf freiwilliges Entgegenkommen (Kulanz) angewiesen. Hinsichtlich der Übernahme von Lohnkosten unterscheidet Babboe als Hersteller im Garantiefall danach, ob der Kauf länger als zwei Jahre zurückliegt. Weil die Herstellergarantie eine freiwillige Leistung ist, darf sie auf diese Weise inhaltlich begrenzt werden.
Welche Ansprüche habe ich gegen den Verkäufer (Fahrradhändler oder Babboe beim Direktvertrieb)?
Der ADFC geht davon aus, dass die Lastenräder bereits beim Kauf aufgrund von Konstruktions-, Produktions- oder Materialfehlern mangelhaft und nicht für den vorhergesehenen Gebrauch geeignet waren. Für Käufe innerhalb der vergangenen 24 Monate empfiehlt der ADFC, Ansprüche auf „Nacherfüllung“ gegen den Verkäufer geltend zu machen.
§ 439 BGB: (1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.
Ein Fahrradhändler kann Kund:innen nicht an Babboe verweisen, sondern ist selbst für Reparatur oder Ersatzlieferung verantwortlich. Der Verkäufer trägt die Ersatzteil- und Lohnkosten. Wenn er Reparatur oder Ersatz nicht leisten kann, weil solche Teile nicht erhältlich sind, empfiehlt der ADFC den Rücktritt vom Kaufvertrag. Gegen Rückgabe des Lastenrads erhalten Käufer:innen ihren Kaufpreis zurück. Sie müssen sich aber die Nutzung seit dem Kauf anrechnen lassen.
Diese Nutzungsentschädigung für die Zeit bis zur Rückgabe berechnet sich nach der Rechtsprechung nicht nach dem Wertverlust auf dem Gebrauchtradmarkt, sondern linear nach Laufleistung oder Alter des Fahrzeugs. Beim Pkw ist die Berechnungsgrundlage der Anteil der gefahrenen Kilometer an der typischen Gesamtfahrleistung.
Für Lastenfahrräder fehlen solche Erfahrungswerte zur Kilometerleistung. Deshalb legt man ihre zu erwartende Nutzungsdauer zugrunde, so wie für Kraftfahrzeuge mit geringer Jahresfahrleistung (ein Beispiel aus der Rechtsprechung: Wohnmobil – 120 Monate). Zehn Jahre oder 120 Monate sind nach einem Mustergutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Zweiradsachverständigen auch eine typische Gebrauchsdauer von Fahrrädern und Pedelecs.
Wer bis zur Rückgabe zwölf Monate gefahren ist, muss sich deshalb 12/120 (zehn Prozent) vom Kaufpreis als Nutzungsentschädigung anrechnen lassen. Der Wertverlust – die Differenz zwischen dem Neupreis und dem Preis eines ein Jahr alten gebrauchten Fahrzeugs – kann deutlich höher sein. Darauf kommt es beim Rücktritt vom Kaufvertrag wegen Mängeln aber nicht an.
Für Käufe, die länger als 24 Monate, aber weniger als fünf Jahre zurückliegen:
Hier würde die freiwillige Herstellergarantie greifen. Der ADFC empfiehlt, Garantieansprüche beim Hersteller Babboe anzumelden und seinen Regulierungsvorschlag für Fahrzeugalter zwischen zwei und fünf Jahren zu prüfen.
Ich fahre mein Babboe-Lastenrad vorsorglich nicht mehr und muss andere Verkehrsmittel benutzen oder versuchen, ein Lastenrad zu mieten. Wer kommt für diese Kosten auf?
Die gesetzliche Sachmängelhaftung des Verkäufers und die Herstellergarantie von Babboe sehen keinen Anspruch darauf vor, dass Betroffenen leihweise ein Lastenrad zur Verfügung gestellt wird oder dass Mietkosten für ein Ersatzrad übernommen werden. Das wäre Schadensersatz, auf den nur ausnahmsweise ein Anspruch besteht, z. B. bei Verzug oder Verweigerung der geschuldeten Leistung.
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