Fahrradfahren während der Pandemie – ein widersprüchliches Jahr für den ADFC
Das zurückliegende Jahr 2020 war für das Thema Fahrrad auch in Bochum durch sehr gegensätzliche Bewegungen geprägt.
Der Fahrradhandel erlebte eine deutliche Blüte (ca. 10 % höherere Verkaufszahlen), man beobachtete erfreut die deutlich Zunahme an Radverkehr in der Stadt und auf den Freizeitrouten. Die Zählstellen wiesen an der Wittener Straße eine Zunahme um 16 %, an der Springorumtrasse gar um 43,6 % auf.
Fahrradfahren war so begehrt wie seit 70 Jahren nicht mehr in der Stadt. Auffällig viele Familien nutzten die gemeinsamen Zeiten für Fahrtrainings der Kleinsten, Freizeittrassen waren übervoll, auch Alltagswege wurden häufiger mit dem Rad zurückgelegt, abzulesen an den überfüllten Abstellanlagen in der City – eine gute Möglichkeit zur Bewegung. In der Pandemie erlebten die Menschen das Fahrrad als ein sicheres, Abstand bewahrendes Verkehrsmittel, das im Nahraum viel Freude an einer sonst oft eingeschränkten Mobilität vermittelte.
Das Thema Radverkehr hat 2020 deutlich an Dynamik zugelegt. Dem stehen immer noch deutliche Lücken und Mängel im Bochumer Radverkehrsnetz gegenüber, sowohl bei den Haupt- wie bei den Nebenrouten. Zwar weist die städtische Aufstellung 4.940 Meter neue oder umgestaltete Radverkehrsanlagen in 2020 auf, mitgerechnet wurden dabei aber beispielsweise auch 500 Meter „Protected Bike Lane“ auf der Unistraße, die für den Fahrradverkehr leider keinerlei Mehrwert bringt. Um die vollmundig nach der Kommunalwahl propagierten Ziele der Koalition zu erreichen - bis 2025 100 Kilometer neue Radwege - müssten aber jährlich 20 Kilometer gebaut werden. Davon sind wir noch weit entfernt. Zwar ist in Politik und Verwaltung die Bedeutung einer guten Radverkehrsinfrastruktur inzwischen angekommen und die in Angriff genommen Maßnahmen werden zukünftig im Einzelfall eine deutliche Verbesserung darstellen. Der ADFC Bochum erwartet aber ein höheres Tempo in der Herstellung eines zusammenhängenden Radverkehrsnetzes, das den Bürgern die Entscheidung für die Nutzung des Fahrrades nahelegt, weil die Wege sicher, deutlich erkennbar und leicht zu befahren sind.
Hier einige Beispiele für das Bochumer Stückwerk:
- Königsallee: mehr als 30 Jahre ohne Radverkehrsanlagen
- Viktoriastraße: ein einziges Flickwerk
- Poststraße: Bestandteil des Emscherparkradweges und empfohlene Verbindungsroute im Hauptverkehrsnetz, ohne Radverkehrsanlagen
- Markstraße: bisher zwischen Semperstraße und Hanielstraße ohne Radverkehrsanlagen
- Wittener Straße: in großen Teilen ohne Radverkehrsanlagen
- ...
Teilstücke ergeben noch kein sicher befahrbares Netz und verhindern die Nutzung dieser Routen, die in der Fahrradkarte Bochum als Radverkehrsnetz ausgewiesen sind.
Der ADFC Bochum wird sich auch 2021 vehement einsetzen für:
- eine entschiedene Förderung nachhaltiger Mobilität und damit eine Erhöhung des Radverkehrsanteils in Bochum
- die Planungen für ein durchgängig sicher und bequem befahrbaren Netzes zu fördern kritisch zu begleiten
- eine fahrradgerechte Siedlungsplanung (z.B. Ostpark)
- eine moderne Radverkehrsanbindung von Mark 51°7 (Verbindung zum Zentrum Laer / zur Ruhr-Universität)
- Konzepte für radverkehrsfreundliche Stadtteile (z.B. Altenbochum, Weitmar)
- Stopp dem Missbrauch von öffentlichen Straßen: Vorrang für den fließenden Radverkehr vor dem ruhenden Parkverkehr (z.B. Auf der Heide, Berliner Straße, Zeppelindamm ....)
- Sichere Radabstellanlagen auch an Schulen und öffentlichen Einrichtungen
Der ADFC Bochum setzt große Hoffnung in die Arbeit des Münsteraner Ingenierbüros nts und des niederländischen Beratungsunternehmens Mobycon, die das seit langem notwendige Radverkehrskonzept für Bochum erarbeiten werden. Ein erster Kontakt hat stattgefunden und lässt uns hoffen, dass der ganzheitliche Ansatz nach cleveren und nachhaltigen Methoden von Mobilität zu suchen, auch in Bochum seine Früchte tragen wird. Ein regelmäßiger Kontakt ist ins Auge gefasst.
Weiterhin werden wir uns 2021 in regelmäßigen Gesprächen mit der Verwaltung auseinandersetzen, Planungen begleiten und auf Missstände, Unzulänglichkeit und Gefahrstellen hingewiesen.
Für die Vereinsarbeit des ADFC Bochum waren die Fahrradaktivitäten 2020 stark zurückgefahren. Die Pandemie brachte das Vereinsleben und die Jahresplanung komplett durcheinander. Geplante Touren mussten abgesagt werden, der monatliche Stammtisch fand nur 3 – 4 mal im Sommer statt, Aktivensitzungen fielen bis auf einige Ausnahmen aus, alle geplanten Veranstaltungen mussten coronabedingt abgesagt werden.
Sobald die Corona-Regelungen für das öffentliche Leben es zulassen, wollen wir auch wieder gemeinsam aufs Rad steigen, die eine oder andere angeleitete Tour anbieten und uns bei Stammtischen und Sprechstunden im Umweltzentrum an der Alsenstraße austauschen.
Im März wird das ADFC-Magazin FreiRad 5 erscheinen mit vielen interessanten Artikeln zur Radverkehrsinfrastruktur in Bochum. Terminsicherheit gibt es zur Zeit nicht. Noch im Februar hoffen wir auf die Freischaltung unserer neuen Homepage https://bochum.adfc.de. Deshalb bitten wir Interessierte, aktuelle Informationen demnächst dort nachzuschlagen.