Haushaltsbefragung zur Mobilität in Bochum: Radverkehr wächst nur sehr langsam - ADFC Bochum

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Kreisverband Bochum e. V.

Radfahrerin im dichten Verkehr.

Radfahrerin im dichten Verkehr. © ADFC/ April Agentur

Haushaltsbefragung zur Mobilität in Bochum: Radverkehr wächst nur sehr langsam

Die Stadt Bochum hat die Haushaltsbefragung zur Mobilität 2023 veröffentlicht. Wir nehmen die Ergebnisse unter die Lupe.

Studie und Methodik

Die SrV-Erhebung (System repräsentativer Verkehrserhebungen) wird seit 1972 kontinuierlich von der TU Dresden wissenschaftlich begleitet und findet seit 1998 regelmäßig alle fünf Jahre statt.

In Bochum wurde die Erhebung erstmals 2013 durchgeführt, wodurch sich mit den Erhebungen 2018 und 2023 nun eine erste Zeitreihe darstellen lässt.

Sowohl 2018 als auch 2023 konnten 4.000 Personen befragt werden, 2013 waren es lediglich 1.000 Personen. Der Fragenkatalog wurde 2023 an aktuelle Entwicklungen angepasst, beispielsweise durch Ergänzung von Fragen zur Elektromobilität und zur Zufriedenheit mit den lokalen Verkehrsverhältnissen.

Entwicklung des gesamten Umweltverbundes

Die Haushaltsbefragung zur Mobilität in Bochum zeigt eine positive Entwicklung des Umweltverbundes (Bus, Bahn, Rad- und Fußverkehr), dessen Anteil an allen Wegen nun etwa 50,8% beträgt und damit nahezu gleichauf mit dem motorisierten Individualverkehr (49,2%) liegt.

Innerhalb des Umweltverbundes hat es jedoch unterschiedliche Entwicklungen gegeben: Während der Fußverkehr einen deutlichen Zuwachs von 24,4% auf 29,8% verzeichnete und der Radverkehr leicht von 6,7% auf 7,7% anstieg, ging der Anteil des öffentlichen Verkehrs von 15,1% auf 13,3% zurück.

Radverkehr: Verlangsamtes Wachstum auf niedrigem Niveau

Zwar zeigt der Radverkehr in Bochum seit 2013 eine kontinuierliche Steigerung von 5,1% im Jahr 2013 auf 7,7% in 2023. Der Anteil ist aber erkennbar niedrig und sein Zuwachs hat sich zudem verlangsamt, wie die nachfolgende Tabelle zeigt:

JahrRad-Anteil
20135,1%
20186,7%
20237,7%

Der Trend geht zum Stehzeug

Der motorisierte Individualverkehr (MIV) in Bochum verzeichnet einen Rückgang von 53,7% im Jahr 2018 auf 49,2% im Jahr 2023, was einem relativen Rückgang von fast 10% entspricht.

Dieser Rückgang des MIV-Anteils fand trotz einer gestiegenen PKW-Verfügbarkeit statt. So zeigt die Haushaltsbefragung eine Steigerung des Anteils der Haushalte mit PKW, die sich mit den auf mittlerer Frist steigenden Zulassungszahlen für Kraftfahrzeuge in Bochum deckt.

Unterschiede zwischen den Stadtbezirken

Die Ergebnisse der Haushaltsbefragung offenbaren deutliche Unterschiede im Mobilitätsverhalten zwischen den sechs Bochumer Stadtbezirken. Der Stadtbezirk Mitte hebt sich mit einem MIV-Anteil von lediglich 39,1% deutlich von den anderen Bezirken ab, während im Bezirk Nord der motorisierte Individualverkehr mit 61,8% den höchsten Anteil erreicht.

Bemerkenswert ist auch die unterschiedliche Entwicklung der Verkehrsmittelwahl in den Bezirken seit 2018. Während der MIV-Anteil in Mitte (−6,3 Prozentpunkte), Süd (−8,2 Prozentpunkte) und Südwest (−8,5 Prozentpunkte) deutlich zurückging, fiel der Rückgang in Wattenscheid mit −2,3 Prozentpunkten geringer aus. Im Bezirk Nord stieg der MIV-Anteil sogar um 3,7 Prozentpunkte.

Auch der Radverkehrsanteil entwickelte sich uneinheitlich: Während er in den Bezirken Mitte (+1,9 Prozentpunkte), Wattenscheid (+1,7 Prozentpunkte) und Südwest (+1,6 Prozentpunkte) deutlich zulegte, stagnierte er im Bezirk Süd (0,0 Prozentpunkte) und ging im Bezirk Ost sogar zurück (−1,6 Prozentpunkte).

Diese unterschiedlichen Entwicklungen verdeutlichen, dass städtische Mobilitätskonzepte die spezifischen lokalen Gegebenheiten und Herausforderungen der einzelnen Stadtbezirke berücksichtigen müssen.

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Ausblick

Der Ausschuss für Mobilität und Infrastruktur des Rates der Stadt Bochum hat sich bereits in seiner Sitzung am 19. Februar mit den Ergebnissen befasst. 

Ein Städtevergleich soll zusätzliche Daten liefern, wie sich Bochum im Vergleich zu ähnlichen Oberzentren mit hügeliger Topografie entwickelt hat und welche Faktoren die Radverkehrsentwicklung in verschiedenen städtischen Kontexten beeinflussen.

Hierzu soll es im Laufe des Jahres eine weitere Mitteilung geben

Einordnung und Kommentar

Bochum hat das Ziel, den Radverkehrsanteil bis 2030 auf 15 % zu erhöhen und langfristig sogar auf 25 % zu steigern. Es bleiben also noch fünf Jahre, um den Radverkehrsanteil nahezu zu verdoppeln – ehrgeizig, aber machbar.

Dazu sind schnelle, kostengünstige und einfache Lösungen für den Ausbau der Radinfrastruktur erforderlich, etwa die Umwandlung von Fahrstreifen in Radwege und eine deutlich verbesserte Erreichbarkeit der Innenstadt. Gleichzeitig braucht es Maßnahmen, die die Nutzung des Fahrrades attraktiver machen, etwa Schulstraßen, Superblocks, verkehrsberuhigte Stadtquartiere und eine Reduzierung des Parkraums zugunsten einer lebenswerten Stadt für Fußgänger, Fahrradfahrer und Kinder. 

Quellen und Links

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